Von Windhoek zum Etosha Nationalpark – Road-Trip durch Namibia Teil 1
Nach 2 Tagen in Windhoek ging es am 6. September endlich auf Namibias Straßen. Wir hatten 17 Tage Road-Trip mit Camping vor uns und wollten im Etosha Nationalpark starten. Ich stehe Campen ja eher skeptisch gegenüber. Aber wenn du das Land sehen willst und trotzdem ein bisschen auf’s Geld achten musst, ist Camping eben die günstigste Lösung. Also versuchte ich, mich damit anzufreunden und stand dem ganzen Vorhaben offen gegenüber.
Der erste Umweg
Natürlich lief von Anfang an nicht alles glatt. Es fing schon damit an, dass wir unser Essen im Kühlschrank im Hostel vergessen hatten. Das haben wir zum Glück nach 5 Minuten Fahrt gemerkt und sind zurück gefahren, um den Kram zu holen. Der Umweg war also nicht besonders groß. Direkt danach folgte aber der nächste Umweg – und der hat uns ganze 1,5 Stunden gekostet.
Wir mussten von Windhoek aus die B1 Richtung Norden nehmen. Eigentlich kein schwieriges Unterfangen, weil die B-Straßen die größten in Namibia und entsprechend überall ausgeschildert sind. Wir fuhren vom Hostel auf die B6, die nach ein paar Minuten die B1 kreuzen sollte. Leider waren wir – mal wieder – schlecht im Schilder lesen und haben die Abbiegung einfach nicht gesehen. Wir haben nicht mal gemerkt, dass wir auf der falschen Straße weiterfuhren.
Als die Straße sich plötzlich von einer geteerten zu einer Sandstraße veränderte, habe ich mich kurz gefragt, ob wir da wirklich richtig sind. Wir sind aber unbeirrt weiter gefahren, bis wir eine Straße kreuzten, die laut Karte gar nicht von der B1 abging. Also haben wir endlich mal genauer hingeguckt und gemerkt, dass wir auf einer komplett falschen Straße in eine komplett falsche Richtung fuhren – nämlich Richtung Westen auf direktem Wege nach Swakopmund.
Schön blöd, aber wir wussten ja vorher, dass nicht alles glatt laufen wird. Also haben wir uns über uns selbst lustig gemacht, sind umgedreht und nach 1,5 Stunden Umweg endlich auf der B1 gelandet. Dafür haben wir aber auch allerlei Tiere auf der Straße gesehen: kleine Äffchen, Schweine, Ziegen, Esel, Pferde, Böcke und Kühe. In Namibia musst du höllisch aufpassen, dass dir nicht plötzlich ein Tier vor die Karre läuft – die Tiere haben übrigens immer Vorrang!
Die erste Nacht
Am Nachmittag kamen wir nach 378 km im kleinen Ort Outjo an, der ca. 100 km vor dem Etosha Nationalpark liegt. Weil wir am Tag vorher gelernt hatten, dass es von jetzt auf gleich dunkel ist, entschieden wir, in dem Ort zu übernachten und früh am nächsten Morgen weiter in den Nationalpark zu fahren.
Angeblich war ja High Season. Davon haben wir in der ersten Nacht aber wirklich gar nichts gemerkt. Ich habe an der Rezeption der Etotongwe Lodge nach einem freien Campingplatz gefragt und die Dame muss sich innerlich kaputt gelacht haben, tat aber seriös und guckte sogar im Buchungssystem nach. Tatsächlich waren wir aber die einzigen Camper auf dem Platz – und die blieben wir auch.
Einzig und allein ein Warzenschwein leistete uns Gesellschaft. Als das Schwein das erste Mal unseren Weg kreuzte, habe ich natürlich reagiert wie ein kleines Mädchen: „Oooh guck mal, ein Schwein! Wie süß!“ Aus dem kleinen Mädchen wurde binnen Sekunden aber ein hysterisches kleines Mädchen, als das Schwein näher kam. Da hab ich direkt geschrien, Patrick soll es vertreiben. Typisch Frau eben. Das Schwein war aber auch nicht besonders nett. Es wollte uns doch glatt die Wurst aus der Pfanne klauen. Das hat es natürlich nicht geschafft. Es hat allerdings auch am nächsten Morgen nicht aufgegeben und war sogar halbwegs erfolgreich.
Wir hatten eine Box dabei, in der wir unser Essen aufbewahrt haben. Die stand natürlich neben dem Auto auf dem Boden rum. Als Patrick kurz mal nicht hingesehen hat, hat das Schwein es doch tatsächlich geschafft, die Box auf zu machen und das Brot zu klauen. Ich wünschte, ich hätte ein Video von dem, was danach folgte – leider kenne ich die Geschichte selbst nur aus Patricks Erzählungen, weil ich im Bad war, als sich der Vorfall ereignete. Patrick bemerkte jedenfalls das Schwein ziemlich schnell nach dem Brotklau, weil es wegrennen wollte, so schnell es konnte. Patrick rannte also hinterher und hatte Glück, dass das Schwein die Brottüte nicht richtig gepackt hatte und verlor. Das war die Chance, das Brot zurück zu kriegen. Patrick und das Schwein zerrten kurz an der Tüte und Patrick gewann, verlor allerdings ein paar Scheiben Brot, die er dem Schwein als Trost hinwarf.
Als wäre das nicht genug, versuchte das Schwein wenig später, unsere Zeltplane zu klauen. Die lag natürlich auch auf dem Boden und zunächst legte das Schwein sich einfach auf die Plane und leistete uns Gesellschaft. Das war allerdings nicht von Dauer, denn kurz darauf sprang es wie von der Tarantel gestochen auf und wollte mit der Plane abhauen. Also stand ein weiterer Kampf Mann gegen Schwein an – den natürlich auch der Mann gewann.
Die erste Attraktion: Etosha Nationalpark
Nach den aufreibenden Ereignissen am Morgen fuhren wir weiter zum Etosha Nationalpark, in den wir am südlichen Ende durch das Anderson Gate einfuhren. In Namibia brauchst du für viele Gegenden einen kostenpflichtigen Permit, so natürlich auch in Etosha. Der Park kostet 80 N$ pro Person und Tag plus 10 N$ pro Auto und Tag. Die Gebühr kann entweder am Südende oder am Ostende gezahlt werden, im Park selbst nicht. Dazu kam noch die Gebühr für den Campingplatz: 200 N$ pro Auto plus 100 N$ pro Person und Nacht. Wir besorgten uns außerdem eine Karte des Parks für 40 N$. Wir merkten hinterher, dass wir die Karte auch kostenlos von der Autovermietung bekommen hatten, aber da war es schon zu spät. Auf der Karte sind alle Wasserlöcher eingezeichnet – das ist schließlich der Sinn der Sache: Tiere an den Wasserlöchern beobachten.
Wir hatten geplant, bis zur Mitte des Parks zu fahren und auf dem Campingplatz Halali zu übernachten (von Outjo waren es bis dahin 202 km). Zur Sicherheit riefen wir vom Anderson Gate dort an, um einen Platz zu reservieren – wegen der High Season. Das war allerdings unnötig, denn auch der Platz war nicht komplett voll.
Auf dem Weg nach Halali hielten wir an einer Reihe von Wasserlöchern und begegneten einer Vielzahl von Tieren: Zebras, Springböcken, Giraffen, Elefanten, Antilopen. Diese Tiere in freier Wildbahn zu erleben – dazu noch ganz nah – war wirklich eine tolle Erfahrung. Ich kannte diese Tiere ja, wenn überhaupt, nur aus dem Zoo. Und da sind sie eingesperrt und weit weg. In Etosha sind sie dagegen zum Greifen nah. Und laufen dir ab und zu auch vor’s Auto. Deshalb ist Aussteigen in Etosha übrigens auch verboten. Es sei denn, es ist ausdrücklich erlaubt. Aber das ist es eigentlich nur in den Camps.
Direkt bei Halali ist ein weiteres Wasserloch, das wir uns im Dunkeln angucken konnten. Da hängen überall Schilder, dass man leise sein soll – und es sagt wirklich fast niemand ein Wort. Und wenn doch, dann wird geflüstert. Ein Dutzend Leute saßen da und warteten auf die Tiere. Nach etwa einer halben Stunde sichteten wir das erste: eine Hyäne. Das war auch irgendwie verrückt – die Tiere hatte ich noch nie in echt gesehen. So gruselig wie bei „König der Löwen“ sehen die gar nicht aus. Noch mal eine halbe Stunde später kam dann ein Nashorn angelaufen. Ein Nashorn! Wie cool ist das denn? Ich war total fasziniert.
Wir gingen relativ früh schlafen und fuhren nach einer kurzen Nacht die 2. Etappe im Park bis zum Ostende. Die Nächte während des Road-Trips waren generell eher kurz, weil es im Zelt morgens entweder zu heiß wurde oder weil es die ganze Nacht arschkalt war. Dazu kam, dass die anderen Camper, wenn denn welche da waren, morgens früh so einen Lärm gemacht haben, dass wir eh keine Chance hatten, weiter zu schlafen. Wir waren meistens die Letzten auf dem Platz – und das um 8:00 Uhr.
Die Fahrt führte uns als erstes zum Etosha Lookout. Da fährst du ein Stück in die Etoshapfanne rein und siehst plötzlich nichts mehr außer weißem Sand. Das ist wirklich ein unglaublicher Anblick. Weit und breit keine Farbveränderungen, keine Pflanzen, gar nichts. Als wärst du am Ende der Welt. Am Lookout war es ziemlich windig – wobei es in Namibia generell sehr windig zu sein scheint.
Nachdem wir das große weite Nichts gesehen hatten fuhren wir weiter die Wasserlöcher ab. Ich hatte ja immer die Hoffnung, dass uns auch mal ein Gepard oder ein anderes Raubtier begegnet, aber die scheinen sich nicht in der Nähe der Straße aufzuhalten. Warum auch, der Nationalpark ist schließlich 22.270 Quadratkilometer groß. Wir sahen also keine Raubtiere, dafür weitere Zebras, Giraffen, Böcke und an einem Wasserloch eine ganze Elefantenherde.
Am letzten Wasserloch begegneten wir noch mal einer Giraffe, die sich sogar traute, Wasser zu trinken. Mit den Giraffen ist das ja so eine Sache – der Hals ist zwar lang, aber die Beine sind länger. Also muss sie eine eher unvorteilhafte Position einnehmen, um an das Wasser zu kommen. Wenn in dem Moment ein anderes Tier angreift, hat die Giraffe keine Chance. Deswegen überlegen die sich lieber 3x, ob sie sich wirklich herablassen.
Die erste (und einzige) Todesangst
Am frühen Nachmittag verließen wir Etosha dann schon wieder und machten uns auf den Weg nach Tsumeb, wo wir die Nacht verbringen wollten. In Namibia gibt es ganze 2 natürliche Seen – und da die in der Nähe von Tsumeb liegen, entschlossen wir uns kurzerhand, von der Hauptstraße auf eine sehr schlechte Nebenstraße abzubiegen und uns noch schnell die Seen anzugucken. Die Idee war nicht besonders gut, denn die Seen waren viel weiter weg als wir dachten und die Schilder dorthin waren so alt und verblasst, dass ich kein gutes Gefühl hatte, dort im Nichts aus dem Auto zu steigen.
Anstatt umzudrehen fuhren wir weiter auf dieser Straße, weil wir so auf eine weitere Nebenstraße kamen, die zum Ort Otavi führte. Otavi war etwas näher als Tsumeb an unserem eigentlichen Ziel, der Westküste. Also konnten wir genauso gut da übernachten. Wir hatten allerdings den Maßstab der Karte unterschätzt und waren ganze 1,5 Stunden unterwegs, bevor wir nach Otavi kamen. Ich hatte tierisch Schiss, dass wir komplett falsch waren, weil an der Straße wirklich gar nichts außer Feld war. Zwischendurch mal ein Schild, das eine Farm auswies, und ab und zu Kühe, aber generell war es dort wie ausgestorben. Danke an der Stelle an die ganze Panikmache in Windhoek und in unserem Reiseführer, dass man nie nachts fahren, die Türen immer geschlossen halten und umkehren soll, falls ein Baumstamm quer auf der Straße liegt und Menschen am Straßenrand stehen.
Ich hatte solche Angst, dass ich von den Seen bis nach Otavi kein Wort gesprochen habe. Endlich in Otavi angekommen, hellte sich die Stimmung leider auch nicht auf. Der Ort ist auch total unheimlich und wir waren ja erst am Anfang unserer Reise, konnten also nicht einschätzen, ob die Stadt nun extrem unheimlich war oder eigentlich wie jede andere. Ich hatte jedenfalls beschlossen, dort nicht zu übernachten, und fuhr dann doch weiter Richtung Tsumeb. Bis dahin waren es noch 60 km und die Sonne ging bereits unter, also raste ich wie eine Wahnsinnige und habe Patrick dann auf der insgesamt 317 km langen Fahrt doch endlich noch in Todesangst versetzt.
An dem Tag habe ich 2 Dinge gelernt: Ich mache keine Abstecher mehr, denn so hat der Reiseführer den Ausflug zu den Seen genannt. Und wir nehmen keinen Kaffee mehr in unserer Thermoskanne mit, denn das war der 2. Tag hintereinander, an dem wir die Kanne unterwegs nicht anrührten. Was für eine Verschwendung von Benzin und Kaffee!
Das erste Mal entspannen
Kurz vor Tsumeb hielten wir an einem Campingplatz, der aber leider voll war, weil eine komplette Schulklasse einen Ausflug dorthin gemacht hatte. Als nächstes fuhren wir die Kupferquelle in Tsumeb an. Davon hatten wir einen Flyer aus Joe’s Beerhouse mitgenommen und der Platz sah sehr gut aus. Hier waren wir mal wieder alleine mit 2 anderen Campern und konnten uns kurz bevor es stockdunkel wurde endlich entspannen. Nach der nervenaufreibenden Fahrt entschlossen wir kurzerhand, 2 Nächte auf dem Platz zu bleiben. Der Platz hatte einen Pool, Waschmaschinen und ein Restaurant und war außerdem komplett mit Rasen ausgestattet. Für 230 N$ die Nacht konnten wir da wirklich nicht meckern und buchten 2 Nächte, bevor wir uns im Restaurant ein riesiges Steak für einen winzigen Preis gönnten.
Der nächste Tag diente dann nur zur Entspannung und zum Sichten der Fotos, die wir bis dahin geschossen hatten, bevor wir am Tag darauf, dem 10. September, mit guter Laune und gewaschenen Klamotten die nächste Etappe antraten.